Am Ende aller Tage

Hagen van Tronje
Am Ende aller Tage
Kriminalroman
Taschenbuch, 2001
280 Seiten
Restexemplar à 5,00 Euro (zu bestellen unter:
info@zwiebelfischverlag.de

15 000 Tage im Leben verbracht zu haben ...

... das ist nicht viel und doch alles andere als ein Pappenstiel. Das bedeutet – über 15 000 Tage Stress und Streit und Probleme wälzen. Irgendwann reicht es. Und warum nicht nach genau 15 127 Tagen? Dieser Zeitpunkt ist so gut wie jeder andere auch.
Vor allem jetzt, wo Diana Tom verlassen hat und die restlichen Tage grau und öde vor ihm liegen. Man braucht nur einen Strick, einen Raum und, als Lockerungshilfe, Alkohol in rauhen Mengen – so lautet die einfache Formel, um das Ende aller Tage zu erreichen.
Alles klappt wie geplant, nur mit dem Aufwachen hinterher, damit hatte er nie und nimmer gerechnet …

Und so beginnt die Geschichte:

1

Vergebens kämpften die Strahlen der Morgensonne gegen den dicken Stoff der Vorhänge an, und die vereinzelten Ausläufer, denen es gelang, durch die wenigen Ritzen hindurch ins Zimmer zu schlüpfen, verirrten sich hoffnungslos im Halbdunkel. Bevor sie endgültig geschluckt wurden, gelang es ihnen höchstens, einen glitzernden Blick auf die Horden leerer Bierflaschen zu werfen, die sich in den vergangenen beiden Nächten und dem dazwischenliegenden Tag angesammelt hatten und einen Großteil des Bodens bedeckten. Tom fluchte, als er auf der Suche nach einer vollen Flasche in einer Altbierlache auf den Dielen ausrutschte.  Zum Glück gelang es ihm, sich am Regal festzuhalten und dadurch den Sturz abzufangen. Und er hatte gleich noch einmal Glück, denn genau vor seiner Nase, auf einem der Regalbretter, entdeckte er ein einsames - das letzte! - Pils, das von den einst unerschöpflich scheinenden Vorräten noch übriggeblieben war. Er griff nach der Flasche und wankte zum Tisch zurück, der in der Mitte des Raumes stand.

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Er machte sich nicht die Mühe, den Öffner zu suchen, der sowieso seit Stunden spurlos verschwunden war, hakte stattdessen den Kronkorken am Tischrand ein und schlug mit der flachen Hand zu. Klirrend landete der Korken auf dem Boden, Holzspäne segelten hinterher, aber Tom interessierte das alles längst nicht mehr, es war nicht sein Tisch und selbst wenn - was spielte das noch für eine Rolle! Er klammerte sich wie ein Ertrinkender an die Flasche und setzte ihre Öffnung an den Mund. Es gluckerte und schäumte. Das waren die einzig festen Größen, die es noch gab: Schaum und Blasen, einen Flaschenhals zwischen den Zähnen und natürlich das Seil an der Decke. Schwankend ging er zurück zum Tisch und starrte auf den großen, weißen Zettel, der dort lag und leer war, bis auf eine Zahl, oben  rechts in der Ecke.

-15127, murmelte Tom. Was ’n verdammter Dreck,15127.

Die Zahl stand seit zwei Tagen auf diesem Zettel, wobei die letzte Ziffer zweimal verbessert worden war, mit jedem beginnenden Tag in die nächst höhere Region. Zu weiteren Korrekturen jedoch würde es nicht mehr kommen, jetzt, wo nicht mal mehr etwas Trinkbares zu finden war. Geld für Nachschub hatte er auch keines mehr, und das gemeinsame Konto hatte sie bis auf den letzten Pfennig geplündert; die fällige Rechnung für das Hotelzimmer konnte er unter diesen Umständen gleich ganz vergessen!

Tom ließ sich auf den Stuhl fallen, stierte auf das Papier und nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche. Seit zwei Tagen tat er nichts anderes, außer, wenn der ganze Schwall unten angekommen war und er pinkeln gehen musste. Anfangs hatte er sich wie immer gewundert, dass der Strahl mit der Zeit nicht mehr gelb, sondern nur noch weiß kam. Komische Natur, sagte er sich, erst zwang sie einen, sich Massen an Alk hinterzukippen, um irgendwie mit dem bisschen Leben klarzukommen, und hinterher machte sie sich über einen lustig, indem sie ganz normale Sachen veränderte und man sich erschrocken fragte, ob alles mit rechten Dingen zuging. Vielleicht hatte ja der Krebs zugeschlagen oder Aids oder irgendein Prostatascheiß.

Aber inzwischen hatte er genug von diesen Gedanken, so war es eben,  wenn man zuviel soff. Also hielt er seinen Schwanz nur noch automatisch über das Becken und dachte an das Papier, die Zahl und an Diana. Er hatte auf sie gewartet. Sie ist nicht gekommen.

-15127, schrieb er schließlich mit unsicherer Handschrift noch einmal auf den Zettel. Und nicht einen Tag mehr. Du bist schuld. Du bist schuld, dass nicht irgendwann mal 30000 auf diesen dreckigen Fetzen Papier steht! Und jetzt sieh dir an, was du aus mir gemacht hast, sieh ganz genau in mein Gesicht! Und wenn es dir leid tut, dann folge mir. Tom.

Er wollte den Stift schon zur Seite legen, als ihm noch etwas einfiel.

Du weißt, setzte er hinzu, dass wir zusammen gehören, auf ewig. Du bist meine große Liebe und ich deine. Nichts und niemand wird uns trennen können, auch der Tod nicht. Ohne mich wirst du unglücklich sein.

Er lehnte den Zettel gegen die Kerze im übervollen Aschenbecher und setzte ein letztes Mal die Bierflasche an. Diesmal blieb seine Kehle so trocken wie zuvor. Enttäuscht ließ er die Hand sinken und preßte ein Auge gegen den Flaschenhals, aber da war kein einziger Tropfen mehr  zu entdecken.

-Leck mich, brummte Tom und warf die Flasche über seine Schulter. Sie krachte scheppernd gegen die hauseigene Stereoanlage, die zum ersten Mal seit vielen Stunden verstummte, weil ein Teil der oberen Hälfte in mehrere Teile zersplitterte. Tom war es egal. Er kletterte auf den Tisch und versuchte, erst den Stuhl hochzusteigen, der schon seit Stunden auf ihn wartete und sich dann ganz oben auf den Hocker zu stellen. Der Alkohol hatte seine Gleichgewichtssinne und den Instinkt für die richtige Entfernung eingetrübt, so dass er mehrere Anläufe nehmen musste, ehe es ihm gelang, und er klammerte sich sofort an das Seil, das glücklicherweise genau vor seiner Nase hing. Ursprünglich hatte er vorgehabt, vor seinem Abgang letzte Worte an die Welt zu richten, ihr ihre Verderbtheit und Verlogenheit vorzuhalten, er wollte als Sieger von ihr gehen, mit einem bösen, verachtenden Blick. Daran allerdings dachte er überhaupt nicht mehr, es kostete genügend Kraft, auf dem Stuhl zu bleiben und sich am Seil festzuhalten. Die Schwankungen wurden immer größer, es ging vor und zurück, vielleicht sogar seitwärts, Tom jedenfalls konnte es nicht mehr so genau orten. Unbemerkt legte sich die Schlinge um seinen Hals, und im nächsten Augenblick, als Tom wieder nach hinten wankte, zog er sie, ohne es zu merken, fest. Seine hastigen, unkontrollierten Bewegungen brachten die Pyramide unter ihm völlig durcheinander; während der Hocker wild tanzte und wackelte, kippte der Stuhl fast im Zeitlupentempo nach vorn, so dass sich das Seil unvermittelt und für Tom völlig überraschend straffte, es wurde fest und starr wie eine Eisenstange. Das letzte, was er hörte, war das Knacken im Genick. Der Ausdruck in seinem Gesicht jedoch war alles andere als verächtlich. Dort stand, außer den Problemen mit der Luftzufuhr, geschrieben, dass er in der letzten Sekunde seines Lebens ziemlich erstaunt gewesen sein musste. Erstaunt und ziemlich betrunken.

2

Das erste, das es gab, war das Klimpern der Augenlider und zwar richtig laut, KLIMPERKLIMPERKLIMPER, gleichzeitig spürte er, dass es im Grunde nichts mit ihm zu tun hatte, außer der Tatsache, dass es unheimlich nervte. Also verzichtete er auf das Augenauf und -zuschlagen und ließ die Lider einfach oben. Als nächstes störte das Atmen. Jeder Zug, der ins Innere seines Körpers strömte, lärmte und krachte wie eine Meeresbrandung, und beim Ausatmen pfiff eine alte Dampflok. Doch er brauchte auch nicht mehr zu atmen, das merkte er schnell. Nur, da gab es noch mehr, hier stimmten andere Sachen nicht, es machte ihn ganz verrückt, was war es nur? Das Licht? Nein, die fast abgebrannte Kerze im Aschenbecher flackerte noch immer, und lediglich ein paar hartnäckige Sonnenstrahlen schafften es immer noch, sich durch die Lücken im Vorhang zu zwängen,  ansonsten...

Moment!

Ja, genau, wieso stand die Kerze drei Meter unter ihm? Auch auf den Vorhang hatte er die Sicht aus der Vogelperspektive, und als er sich umdrehte, brüllte er auf vor Angst, und Panik machte sich in ihm breit: Er hing direkt an der Zimmerdecke!

Voller Entsetzen fielen ihm sämtliche Geschichten von Schlafwandlern ein, die er jemals gehört hatte. Wo die Leute ganze Nächte hindurch auf Dächern herumrannten und leichtfüßig von einem Ziegel zum anderen sprangen, ohne Probleme, wie die geborenen Zirkusmenschen, aber wehe, es sprach sie jemand an oder sie kamen von selbst wieder zu sich, während sie mitten auf einem Spitzdach rumturnten. Dann waren sie hoffnungslos verloren und knallten einfach runter. Vielleicht aber war er selbst noch nicht ganz wach, vielleicht konnte er sich wieder ins Bett, das schräg unter ihm stand, zurückbeamen, wenn er davon träumte. Am besten die Augen schließen, dann konnte es vielleicht klappen.

Da sah er das Seil, etwa einen Meter vor sich. Oder war es nur Einbildung? Ausprobieren, trieb er sich an, los, probiere es!

Und vorsichtig, ganz langsam! dachte er, während er eine Hand ausstreckte. Nur keine überhastete Aktion, nur nicht alle Chancen vergeben, weil ich nicht genug Geduld aufgebracht habe!

Seine Finger schoben sich immer näher an das Seil heran, während er sich gleichzeitig auf sein Gleichgewicht konzentrierte. Er musste unbedingt erreichen, dass sein Körper in der augenblicklichen Lage verharrte und nicht unvermittelt, infolge einer heftigen, unüberlegten Bewegung, absackte oder gar abstürzte. Doch er hielt sich erstaunlich stabil, kurz unter der Zimmerdecke, nicht einen Millimeter rutschte er nach unten. Er erreichte das Seil, gab sofort alle Vorsicht auf und umklammert es mit festem Griff. Aber er hatte sich getäuscht, es war nicht zu fassen. Entsetzt schrie er auf und packte ein zweites Mal zu. Wieder ging seine Hand glatt durch das Material hindurch, als wäre es Luft. Was war das nur für ein seltsames Seil?! Tom’s Blick folgte seinem Weg nach unten, auf halber Strecke endete das Seil in einem dicken, länglichen Klumpen; aber das war zuviel, das konnte er nicht glauben!  Er schloss die Augen und versuchte nun doch zu träumen.

-Es nutzt nichts, sagte plötzlich eine Stimme. Du kannst nicht vor dir selbst davonlaufen.

Ah, dachte er erfreut, ich hab es geschafft, ich bin in einem anderen Traum gelandet. Er zog krachend die Lider nach oben. Nichts hatte sich verändert. Er schwebte noch immer an der Zimmerdecke und unter ihm hing das Ding am Seil, es hatte keinen Sinn, sich länger etwas vorzumachen.

-Aber wieso bin ich da unten am Seil und gleichzeitig hier oben? Ich kann doch nicht der eine und zur selben Zeit der andere sein, so wie in manchen Träumen!

-Der am Seil bist du nicht mehr, erwiderte die Stimme. Also liegt die Antwort klar auf der Hand.

Tom wandte den Kopf von seinem Körper ab und blickte in die gegenüberliegende Ecke an der Zimmerdecke. Da saß ein Mann mit untergeschlagenen Beinen, genau wie Tom frei schwebend in der Luft, ein alter Mann mit langem weißen Bart, tiefen, dunklen Falten im Gesicht, Haare, die nach allen Seiten abstanden, und er trug eine rote Weste, schwarze Cordhosen und blaue Leinenschuhe.

-He, bist du echt? fragte Tom.

-Ich denke schon.

-Was machst du hier?

-Ich habe auf dich gewartet.

-Auf mich gewartet?!

-Ja, du wurdest mir zugewiesen. Das heißt, ich bin in der nächsten Zeit für dich zuständig.

Tom versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Was war nur geschehen? Die Erinnerungen kamen reichlich verschwommen, kein Wunder, er hatte ja auch in den letzten vierzig Stunden das Bier wie Wasser in sich reingeschüttet! Unwillkürlich fasste er sich an den Kopf. Seltsam, eigentlich müßte er einen Kater von der härtesten Sorte haben, aber der Alkohol schien sich vollständig verflüchtigt zu haben. Das wiederum war alles andere als erfreulich. Nüchterne Gedanken, wie sie jetzt durch sein Hirn spukten, brachten selten angenehme Ergebnisse, das hatte er oft genug erfahren müssen. Bei einem Blick nach unten, entdeckte er den Abschiedsbrief auf dem Tisch. Schlagartig sackten die Mauern um sein Erinnerungsvermögen in sich zusammen, und voller Entsetzen wurde ihm bewusst, dass irgendetwas schiefgelaufen sein musste.

-Bin ich auf dem Weg zum Himmel?

Der Alte lächelte.

-Den Himmel, den du meinst, den gibt es wahrscheinlich gar nicht.

-Okay, okay, ich hab den Schwachsinn auch nie geglaubt. Genau wie das ganze Gerede von Wiedergeburt oder ein Leben nach dem Tode. Trotzdem, was soll das jetzt sein?

-Das ist eine Art Zwischenwelt.

-Ich bin also noch nicht richtig tot.

-Natürlich bist du tot.

-Warum ist dann alles so seltsam? Warum habe ich auf einmal zwei Körper und hänge mit dem einen in der Luft herum?

-Du hast überhaupt keinen Körper mehr.

-Und was ist das hier? Tom deutete auf sich selbst. Ist das nichts?

-Du hast es erraten. Es ist weniger als Schall und Rauch, fast nichts. Lediglich deine Erinnerungen als Mensch funktionieren auf dieser Basis; bisher warst du es gewohnt, einen Körper zu haben, also hast du auch einen. Zumindest in deiner Phantasie.

Tom winkte ab, was sollte er mit einer derart konfusen Theorie anfangen? Außerdem konnte er nicht nur seinen, sondern auch den Körper des Alten sehen.

-Ganz einfach. Du hörst meine Stimme, erhältst Antworten auf deine Fragen, und bisher war es für dich normal, dass jemand, der über eine Stimme verfügt, einen Körper besitzt. Also ordnest du meine Stimme deinen Kategorien nach ein, und schon kannst du mich sehen.

-Wenn wir, wie du sagst, in der Zwischenwelt sind, warum sehe oder höre ich keinen von den anderen Toten? Von denen müßte es doch nur so wimmeln!

-Du hast es falsch verstanden. Wir sind nicht in der Zwischenwelt, sondern in einer der Zwischenwelten. Und in dieser hier halten sich zur Zeit nur wir beide auf...

-Halt, halt! Tom unterbrach den Alten ärgerlich. Es ist mir sowieso egal, behalte deine Weisheiten für dich. Mich interessiert nur: Wie komme ich hier wieder raus?

-Von selbst gar nicht. Du musst erst einmal eine Reihe von Tests durchlaufen und dann ....

-Tests? Was soll der Blödsinn, mich interessieren keine Tests?! Tom stand kurz vor einem Wutanfall. Ich schulde niemandem eine Erklärung, schließlich habe ich nicht umsonst Schluss gemacht. Meine Zeit ist um, verstehst du, ich bin am Ende meiner Tage angelangt!

-Tja. Der Alte grinste Tom spöttisch an. Da bist du wohl einem Irrtum erlegen. Aber es läßt sich alles ganz leicht aufklären. Du musst dir nur eine einzige Frage beantworten: Was geschieht, wenn der Tag sich um Mitternacht dem Ende neigt und die Kirchturmglocken überall zum Finale ansetzen?

Tom antwortete nicht.

-Nun, hier hast du die Auflösung: Noch bevor der letzte Ton der Glocken verklungen ist, und ohne, dass du es verhindern kannst, hat ein neuer Tag begonnen.

-Verschone mich mit deinen Rätseln. Ich will meine Ruhe haben, einfach tot sein.

-Einfach tot sein, das gibt’s nirgends!

-Das werden wir ja gleich sehen!

Beim Reden, als er seine Worte mit wütenden Gesten begleitete, hatte Tom bemerkt, dass er in seiner neuen Lage nicht nur die Hände und den Kopf, sondern auch alles andere bewegen konnte. Jetzt ruderte er vorsichtig halb liegend, halb sitzend durch die Luft und glitt langsam am Seil hinab.

-Es geht auch einfacher, rief ihm der Alte hinterher. Du musst nur wissen, wo du hinwillst, dann erreichst du dein Ziel auf geradem Weg.

Der Alte hatte recht, Tom richtete sich auf und lief genau auf seinen Körper zu. Der Unterschied zu früher bestand darin, dass es keine asphaltierte Straße gab, der man folgen konnte, der Weg führte einfach durch die Luft. Tom kroch in seinen Körper hinein, ohne auf Widerstand zu stoßen, nahm dieselbe Haltung ein und versuchte, das gebrochene Genick nachzuahmen. Der Alte beobachtete ihn von oben.

-Nicht schlecht, sagte er. Aber es nutzt dir nichts. Wenn Körper und Geist erst einmal getrennt wurden, dann bleiben sie es auch. Ich musste es auch erst begreifen.

-Halt endlich dein Maul, verdammt noch mal!

Verzweifelt versuchte Tom, sich zu konzentrieren; er wollte nichts mehr spüren, nichts fühlen, Dunkelheit im Kopf, abschließen, tot sein. Statt dessen rasten Vorwürfe und Zweifel durch seinen Kopf und ließen keine Leere aufkommen. Hatte er aufs falsche Pferd gesetzt? War ihm statt Selbstmord eine glatte Leistung zum Thema Selbstüberlistung gelungen?

Da hörte er den Schlüssel im Schloss, den er extra für Diana steckengelassen hatte, falls sie doch kommen sollte. Aber verdammt, jetzt war vormittags, und gestern, etwa zur selben Zeit, hatte plötzlich das Zimmermädchen vor ihm gestanden, um das Appartement zu reinigen. Zum Glück konnte er sie gleich im Flur abgefangen, weil er wieder einmal vom Klo gekommen war. Trotz seiner umnebelten Sinne, hatte er die Gefahr sofort erfasst und das Zimmermädchen angebrüllt, dass er für seine Arbeit Ruhe bräuchte und sie am nächsten Tag immer noch nach Herzenslust saubermachen könne. Tatsächlich war es ihm auf diese Weise gelungen, sie zu verscheuchen; nicht auszudenken, wenn sie bis zum Zimmer vorgestoßen wäre und das Seil gesehen hätte......

-Tom?

Der Klang der Stimme verjagten mit einem Schlag Tom’s Zweifel. Seine düsteren Gedanken taten einen Freudensprung, diese seltsame Zwischenwelt hatte also doch ihr Gutes! Immerhin brachte sie ihm den Genuss, seine Rache genießen zu können, aaaaahhhh jaaaaa, das hatte etwas für sich!

-Ha, meldete sich der Alte von der Zimmerdecke. Ich glaube, du täuscht dich.

Mit einer Handbewegung brachte ihn Tom zum Schweigen.

-Sei ruhig. Das ist meine Angelegenheit.

An ihren Schritten hörte er, wie sie sich langsam über den Flur her näherte.

-Tom? Ihre Stimme war unsicher geworden. Bist du da?

Tom lachte in sich hinein, das würde sie schon noch herausfinden!